Der flexibelste Mensch der Welt…

…bin eindeutig ICH!

Heute war das Therapiegespräch mit meiner behandelnden Professorin. Ich hab mich eigentlich schon darauf eingestellt dass ich weitere Chemos machen muss, aber was dann kam hat meine schlimmsten Erwartungen noch übertroffen.

Meine Therapie ist experimentell, das heißt es gibt keinerlei Protokoll oder Erfahrungen. Der Kollege aus Tschechien hat die Therapie ganz neu entwickelt und es gibt bisher keinerlei Erfahrungswerte damit. Speziell auf dem Gebiet der Rezidive (wenn der Krebs wiederkommt) ist es wohl schwer zu forschen, weil man nie genau sagen kann, ob der Krebs auch mit weniger oder mehr Medikamenten nochmal wiederkommt. Das alles wusste ich schon vorher. Deshalb wusste ich auch dass die Professorin nach Gefühl entscheiden muss wie viele Blöcke ich bekomme und wie die Therapie genau aussieht. Ich vertraue ihr da auch vollkommen (Sie ist die Leiterin der Studie für meine Tumorart von ganz Europa) und würde es niemals wagen ihr in Therapiefragen zu wiedersprechen. Bisher läuft die Rezidivtherapie sehr gut, da die meisten Zweit-Rezidive innerhalb von 6 Monaten nach dem ersten Rezidiven auftauchen. Ich bin jetzt schon 8 Monate Tumorfrei und mit jedem Monat kann ich mir mehr Hoffnungen machen dass das auch so bleibt.

Leider sagt das Gefühl meiner Professorin, dass ich mindestens bis Mai Chemos bekommen soll. Wahrscheinlich eher noch länger. Meine komplette Lebensplanung für das nächste Jahr (inklusive der Hochzeit im Juni) ist also fürn Arsch. Die Therapie wird so flexibel wie möglich für mich gestaltet, damit ich alle Termine die mir wichtig sind wahrnehmen kann. Die Reha im Februar ist also problemlos möglich. Das ist für mich am allerwichtigsten. Die Hochzeit könnte ich zwar auch weiterhin planen, aber ich möchte mich an meinem großen Tag nicht unwohl fühlen, weil ich eine Perücke tragen muss. Wir haben vor dieses Jahr standesamtlich zu heiraten und das dann im kleineren Kreis zu feiern und die kirchliche Hochzeit dann im nächsten Jahr nachzuholen.

Das Gespräch war trotz der erdrückenden Neuigkeiten wirklich gut und ich habe das Gefühl, dass ich das auch problemlos packen kann. Die letzten Chemos hab ich ja gut vertragen und seit ich regelmäßig zum Psychologen gehe habe ich das Gefühl, dass ich auch auf diesem Gebiet gegen den Krebs ankämpfe.

Ich habe vor mir in diesem nächsten Jahr trotz Chemos viel Gutes zu tun und mir auch mal Urlaub zu gönnen (soweit das die Urlaubskasse zulässt). Wegen der Dauer mache ich mir keine Sorgen, weil ich inzwischen weiß, dass die Zeit trotz allem schnell vorbei geht und ich am Ende dasteh und sage „Echt, ist schon wieder ein Jahr rum?“. Der einzige Punkt an dem ich knabbere ist die Hochzeit. Und ich hoffe dass ich ab September zur Schule gehen kann. Länger ertrage ich das Rumsitzen ohne wirkliche Aufgabe sonst nicht mehr 🙂

Es ist erst ein paar Stunden her, dass ich das alles erfahren hab und ich kann inzwischen schon darüber reden, ohne jedes Mal in Tränen auszubrechen. Ich hab mich damit abgefunden, dass mein nächstes Jahr komplett umgeplant wird und ich mal wieder nichts vorhersagen kann. Das nennt man dann wohl Flexibilität 🙂

Chemo Day keeps the Cancer away

So, heute hat die Chemo wieder mal angefangen. Eigentlich sollte sie gestern schon starten, aber mir gings nicht so gut, deshalb wurde ich gestern nochmal verschont.

Der Grund warum es mir nicht so gut ging war unter anderem ein Telefonat mit meiner Professorin. Sie ist jetzt drei Wochen im Urlaub und vor einer Woche haben wir nochmal kurz telefoniert um abzuklären wie es jetzt weitergeht mit der Chemo. Und so ganz nebenbei hab ich dann gesagt „Aber das ist ja jetzt die letzte Chemo, oder?“ Woraufhin sie dann sagte, dass sie gerne noch ein paar machen würde, wir da ja aber dann im Januar ausführlich drüber reden können. Der Dienstag und Mittwoch waren für mich dann logischerweise gelaufen, weil ich langsam das Gefühl hab, dass das ein Fass ohne Boden ist. Ich war dann richtig froh über meinen Termin beim Psychologen am Freitag, der meine Ansicht geteilt hat, dass man so einfach nicht mit Patienten umspringen kann.

Und dann kamen da noch tolle Bauchschmerzen dazu, die mich ziemlich beunruhigt haben. Seit ca. ner Woche wach ich immer mit Schmerzen auf, die dann aber im Laufe des Tages abklingen. Freitag war ich dann im Krankenhaus zur Blutkontrolle, bei der dann beschlossen wurde, dass ich am Montag mit der Chemo anfangen kann. Am Sonntag wurden die Bauchschmerzen aber immer schlimmer und außerdem hab ich das Krankenhaus so wahnsinnig vermisst, deshalb sind Chris und ich abends nochmal hingefahren. Wie das immer so ist, waren die Schmerzen dort aber wieder gar nicht mehr so schlimm, und da ich montags ja sowieso zur Chemo einbestellt wurde, haben wir beschlossen, dass ich dann dort nen Utraschall machen lass. Ich hatte ein mulmiges Gefühl, weil ich meinem Körper nicht mehr so wirklich über den Weg trau. Aber zum Glück, auf dem Ultraschall war nichts zu sehen, alle Organe sind in Top-Form (yeah) und ich hab halt den Verdacht auf eine Magenschleimhautentzündung. Dadurch dass ich immer auf dem Bauch schlaf, kann es sein, dass die Magensonde da irgendwie die Schleimhaut verletzt hat und das jetzt entzündet ist.

Ich dachte dann, dass ich mit ner Magenschleimhautentzündung bestimmt keine Chemo krieg, aber Pustekuchen – die wollten mir direkt die Chemo anhängen. Und dann hatte ich eine nicht so schöne halbe Stunde im Behandlungszimmer in der ich schluchzend auf der Liege rumlag und irgendwie alles über mich reingebrochen ist. Ich hab dann dem Arzt die Situation erklärt, dass ich mich eigentlich schon so gefreut hatte, dass es die letzte Chemo ist und jetzt irgendwie alles scheiße ist. Hat er auch verstanden und mich erstmal 5 Minuten wieder zur Ruhe kommen lassen. Danach haben wir beschlossen die Therapie erst heute anzufangen, was mich dann wieder etwas beruhigt hat. Dafür sollte ich aber noch nen Chirurgen auf meine Magensonde schauen lassen, ob da wirklich nichts ist. Nach ner halben Stunde warten hat der Chirurg dann aber gemeint das sieht eigentlich alles supi aus und dass da vielleicht innen wildes Fleisch wachsen könnte (igitt), was aber nur Narbengewebe ist und kein Grund zur Panik. Damit war ich dann zufrieden und bin dann mit meiner ein-tägigen Galgenfrist nach Hause gefahren, wo ich dann erstmal zwei Stunden gepennt hab (dieses ganze Hin und Her schlaucht irgendwie auch ganz schön)

Abends kamen dann Chris‘ Geschwister und seine Mutter vorbei zum Raclette-Essen und Spieleabend. War dann richtig cool, dass ich das einigermaßen fit erleben konnte. Und durch den einen Tag in „Freiheit“ muss ich bestimmt mindestens ein Kilo zugenommen haben, bei nem Yufka zum Mittagessen und Raclette abends 🙂 Also hat sich das auch gelohnt.

Heut morgen hab ich dann brav meine Valium-Tablette vor dem Losfahren genommen. Blöderweise standen wir 2 Stunden im Stau, die ich dank Valium schlafend verbracht hab. Dafür war ich dann aber im Krankenhaus wieder topfit, weshalb ich dann gleich noch ne Valium-Tablette hinterher gehauen hab 🙂

Heut abend haben wir dann nochmal die Raclette-Reste von gestern gegessen, und ich hab sogar 3 Pfännchen gegessen 🙂 Beim gemütlichen How I met Your mother schauen hab ich dann noch ne halbe Chips-Packung gegessen – also wenn das kein gelungener Start in die Chemo war 🙂

Jetzt muss ich „nur“ noch meine Chemo-Tablette einwerfen und dann geh ich aber mal pennen. Das mit der Chemo-Tablette ich eigentlich das schlimmste an der ganzen Chemo. Ne Tablette zu schlucken, von der ich weiß, dass sie mir nicht unbedingt gut tut ist nicht so ganz einfach. Mein Körper will sie danach meistens mit aller Kraft wieder loswerden. Allein die Tatsache dass ich die 400€, die die Tablette kostet, nicht einfach im Klo runterspülen will, bringt mich dazu, dagegen anzukämpfen. Bisher hab ich immer gewonnen 🙂