Tiefkühl-Kind

Ganz am Anfang meiner Erkrankung stand die Frage, wie man am Besten meine Fruchtbarkeit erhalten kann. Man erzählte mir von der Möglichkeit, dass mir Eizellen entnommen werden und eingefroren werden können. Direkt gefolgt von einem dicken „ABER dafür haben wir jetzt keine Zeit, man bräuchte 2 Wochen Hormonbehandlung davor und wir müssen sofort mit der Chemo anfangen.“ Also hab ich Spritzen bekommen, die die Eierstöcke lahmlegen, damit sie von der Chemo nicht angegriffen werden. Aber in der Situation macht man sich nicht wirklich Gedanken um Später und Kinder kriegen – es geht da schließlich nur ums überleben. Wie immer hab ich das in meine „Kümmer ich mich drum, wenn ich da überhaupt heil raus bin und den Wunsch hab Kinder zu kriegen“-Ecke im Gehirn geschoben und nicht weiter drüber nachgedacht.

Nachdem die erste Therapie inklusive Erhaltungstherapie vorbei war und ich die Spritzen endlich absetzen konnte, kam meine Periode nicht. Aber so sehr konnte ich mich damit nicht beschäftigen, weil nur 4 Monate später das Rezidiv kam und ich die Spritzen wieder bekommen musste.

Als ich mein Rezidiv bekommen hab, lag der Lmyphknoten leider so ungünstig dass bei der Bestrahlung mein linker Eierstock kaputt ging. Aber auch da hab ich den Gedanken wieder ganz weit von mir geschoben. Schließlich hatte ich sowieso keine andere Wahl als die Bestrahlung zu machen.

Im April dieses Jahres habe ich zum letzten Mal die Spritze bekommen und im Juli bin ich dann zum Frauenarzt um generell mal abzuchecken, wie es denn mit meiner Fruchtbarkeit eigentlich aussieht. Der hat einen Hormonspiegel abgenommen und mich dann nach Heidelberg in die Frauenklinik weiterverwiesen. Dort wurde mir dann gesagt, dass meine Hormonwerte teilweise so niedrig waren, dass sie nicht messbar waren. Und dass das bedeutet, dass die Chance, dass mein Eierstock noch Eizellen produzieren kann bei unter 5% liegt. In so ner Situation kann man nicht anders als sich fragen, warum nicht einfach mal alles gut sein kann. Jetzt hab ich den Krebs überlebt, werde aber mein Leben lang unglücklich sein weil ich mir eigentlich Kinder wünsche! Krebs ist so ne verdammt unfaire Sache!

Die Professorin dort hat mir dann Hormone verschrieben, die ich über 3 Monate nehmen sollte. Danach sollte ich nochmal wiederkommen und wir sehen weiter.

Oft hab ich in den 3 Monaten nachts wach gelegen und geweint. Meine ganze Vorstellung von der perfekten Zukunft – einfach so kaputt. Chris meinte mit seinem trockenen Humor, dass wir einfach jedes Mal wenn wir uns ein Kind wünschen eine Katze kaufen könnten. Und dann irgendwann mit 235 Katzen enden.

Der Termin war jetzt im Oktober. Ich bin natürlich schon mit Taschentüchern bewaffnet hin, weil ich auf das Schlimmste gefasst war.

Beim Ultraschall stellte die Professorin dann aber fest, dass meine Gebärmutterschleimhaut ganz gut aussieht. Mit der Info konnte ich zwar nichts anfangen, aber ich hab das mal als gutes Zeichen gedeutet 🙂 Und tatsächlich, in meinem Eierstock hatte sich eine EIZELLE gebildet!

Mit der Information war ich erst recht überfordert. Und vor allem als sie mir sagte, dass das vielleicht die letzte ist, die der Eierstock aus sich rausquetscht hab ich den Mund nicht mehr zubekommen. Ihre Empfehlung war, dass wir doch heut abend gleich mal mit der Befruchtung loslegen sollen. Von meiner behandelnden Professorin aus soll ich aber erstmal keine Kinder bekommen, weil das Rezidivrisiko momentan noch viel zu hoch ist. Ich würde mich da auch unwohl damit fühlen und wahrscheinlich verrückt werden, wenn ich während der Schwangerschaft nicht nur um mich, sondern auch um mein potentielles Kind fürchten müsste (falls sich der Krebs entscheidet, doch noch ein Ründchen in meinem Körper zu bleiben). Ich hab dann ganz vorsichtig gefragt ob man die nicht einfach entnehmen und einfrieren kann.

Zwei Tage später war ich dann wieder zu Besuch in der Frauenklinik und hab mir die Eizelle entnehmen lassen. Sie wurde danach erfolgreich befruchtet und wartet seitdem in irgendeiner Tiefkühltruhe drauf, dass wir unbedenklich einen Versuch wagen können.

Die nächste Hormontherapie ist auch schon gestartet und am Ende schauen wir wieder, ob nicht vielleicht noch mal ne Eizelle da ist, die wir entnehmen und einfrieren können.

Ich weiß, dass damit nicht garantiert ist, dass das mit der Schwangerschaft tatsächlich klappt. Aber ich kann wieder berechtigt auf mein Happy End hoffen 🙂

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Über Marina

Mit 20 hab ich ein Rhabdomyosarkom im Fuß bekommen - seither blogge ich über das Leben mit so nem Ding und über die Therapie. Und auch ein bisschen über die Dinge, die sonst so in meinem Leben passieren :)

14 Gedanken zu „Tiefkühl-Kind

  1. Hey Marina,
    das wird schon klappen ;), kann ich mir gut vorstellen – und: kann sich dein Körper nicht doch auch noch dazu entschließen, selbst wieder mehr Hormone zu produzieren? (Mach ihm klar, dass viele kleine Kätzchen auch ganz schön stressig sind ……)
    Liebe Grüße, Marline

    • Hey Marline,
      um die Hormone gehts irgendwie wohl gar nicht, sondern darum dass mein Eizellenvorrat erschöpft ist. Warum genau weiß ich nicht. Aber dass es wieder von ganz allein in Gang kommt ist wohl sehr sehr sehr unwahrscheinlich.
      Aber wer weiß, vielleicht ist mein Eierstock ja so krass und hat noch ein paar versteckt die er jetzt nach und nach noch rausquetscht 🙂

  2. Hey Marina, ich lese deinen Blog schon lange…ich glaube, das wenn Gott es will, dann schenkt er euch Kinder, ich schließe euch in meine Gedanken ein und glaube fest, dass eines Tages im Blog etwas über eure Kinder steht….

  3. Hey Marina…
    ich wünsche es euch soooooooo sehr. aber einer meiner vorredner hat schon ganz richtig gesagt, wenns so sein soll, klappt es auch. falls es nicht klappt, dann hat es auch einen sinn, auch wenn man den vll nicht sofort erkennt. vll wäre das kind krank oder behindert geworden, oder du bekommst ein weiteres rezidiv.

    ich hoffe wirklich für euch, dass es das schicksal mit euch gut meint, ihr habt es euch verdient.

    hauptsache ist aber, dass du gesund bleibst…alles andere ergibt sich, wie es sein soll.

    drücke euch so sehr die daumen :-*
    GLG fritzi

  4. PS: mein mann und ich mußten auch samen einfrieren lassen, da es nie sicher war, ob er nach der chemo jeh wieder kinder bekommen kann.
    jetzt haben wir ein spermiogramm machen lassen, was super ausgefallen ist. allerdings waren wir nie sicher, ob wir kinder wollen…. wir werden weiterüberlegen.

  5. Hallo Marina,

    ich wusste nach Jahren langen Therapien auch nicht ob ich jemals Kinder bekommen kann.
    So richtig beschäftigt hatte ich mich damit aber auch nicht. Weil ich mir sicher war das es gar nicht gehen kann.
    Kurz nach meiner letzen Chemo dachte ich, wow mal wieder ein Rückfall – wäre ja schön, wenn das ganze elend mal ein Ende nehmen würde.
    Der Rückfall, ist heute ein wundervolles junges Wesen ;O)

  6. Liebe Marina,

    als ich deinen Beitrag las, musste sogar ich mit den Tränen kämpfen. Wie gut nur kann ich deine Wünsche nachvollziehen. Gerade gestern weinte ich wieder bitterlich wegen des Kinderwunsches.

    Unsere Freunde waren gestern wie Trampel (natürlich unbewusst). Sie redeten von Babys: Die ist schwanger und die ist schwanger und wann wollt ihr endlich mal ein Kind bekommen? Dabei kennen alle unsere/meine Vorgeschichte. Es trifft mich wie ein Schlag, wenn sie so reden und mein Freund hat auch große Probleme damit, es wahr zu haben, dass es eigentlich nur noch darum geht, mich am Leben zu erhalten.

    Wir beide wünschen uns so sehr ein Kind, doch ich habe Metastasen in den Knochen. Ich werde wohl nie ein Kind bekommen können.

    Du kannst dich so glücklich schätzen, dass du diese Hormontherapie machen darfst – es geht nämlich immer noch schlimmer, auch wenn man es nicht glauben mag. Ich darf keine Hormontherapie machen. Mein Tumor in der Brust war hormonbedingt und das Risiko wäre zu hoch, dass erneut einer wächst. Hormone sind schlecht für mich und meinen Körper.
    Auch ich bekomme Zoladex. Auch mein rechter Eierstock hat bei der letzten Bestrahlung, die seit Freitag vorbei ist, wahrscheinlich etwas von der Strahlendosis abbekommen.

    Es ist so ungerecht.

    Auch wenn der Humor deines Freundes nicht angebracht war, ich musste etwas schmunzeln. Sowas würde Dani nie zu mir sagen 😉 Dani konnte sich gerade so mit meinem schwarzen Kind (Bommel) arrangieren. 235 (oder sonst wieviel) Katzen würde er niiiiieemals mitmachen *g* wäre aber eine schöne Vorstellung. Ich wollte schon immer eine solche verrückte Katzenlady werden, wie ich es aus Comics kenne.

    Liebe Grüße und alles Gute und viiiiel, viel Glück bei eurem Kinderplan. Hoffentlich klappt es dann.

    • Oh Mann, über manche Leute kann man doch nur den Kopf schütteln. Ich hör so oft von befreundeten Krebspatienten, dass das Thema total unsensibel angegangen wird.

      Ich weiß, besonders mit Blick auf andere Patienten bei denen der Tumor Hormonabhängig ist, dass ich mich glücklich schätzen kann, dass ich diese Chance jetzt doch noch habe.
      Und ich weiß gar nicht so richtig, was ich dir dazu schreiben soll. Ungerecht trifft es einfach immer wieder am Besten.

      Ich find seinen Humor eigentlich nicht unangebracht. Egal, was für ne blöde Situation es ist, Chris kriegt es mit solchen Kommentaren immer trotzdem hin, mich zum Lachen oder wenigstens zum Grinsen zu bringen. Und wenn er dich zum Schmunzeln gebracht hat, umso besser 🙂 Irgendwie muss man mit der Situation ja umgehen 🙂

      Du kannst ja mal mit einer Katze anfangen – kannst dich dann ja langsam steigern und ich glaub zweistellig reicht auch schon um als verrückte Katzenlady zu gelten 🙂

      Ich wünsch dir das Allerbeste! Marina

      • Ja, ich glaub auch, dass man seinen Humor behalten sollte. Sonst geht man unter.

        Also eine Katze habe ich ja schon. Deshalb ja „mein schwarzes Kind“, weils nen schwarzer Kater ist. Ich hab ihn mir 2011 nach meiner Therapie geholt und er war eine tolle Ablenkung für mich und hat mir geholfen, wieder in den Alltag zu finden. Der kleine Kerl ist mir richtig ans Herz gewachsen.

        Also eine verrückte Katzenlady braucht mindestens fünf Katzen 😀 hihi

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